In einer schnellen Ölskizze hält Hans Molfenter einen ruhenden Löwen fest. Mit seiner Darstellung wetteifert er offensichtlich mit Rembrandts berühmter Sepiazeichnung aus den Jahren 1650 bis 1659. Mit wenigen Pinselstrichen gelingt es Molfenter, die männliche Großkatze mit ihrer charakteristischen Erscheinung lebensnah darzustellen.
Der Löwe ist in der Kunstgeschichte ein allgegenwärtiges Motiv mit langer Tradition als Herrschaftssymbol. Darstellungen des Tieres gibt es in allen Kulturen der Menschheit. Im Europa des 19. Jahrhunderts haben Löwenbilder Hochkonjunktur, bedingt durch den Kolonialismus. Im zur kolonialen Macht aufsteigenden Deutschen Reich gehören sie neben anderem dekorativem Zubehör, wie etwa Raubtierfellen, zur unverzichtbaren repräsentativen Ausstattung einer bürgerlichen Wohnung.
Das Löwenbild von Hans Molfenter konzentriert sich auf das Tier, es zeigt nicht den Ort, an dem er es studierte – den Zoo. Für die Tiermaler:innen des späten 19. Jahrhunderts ist der Ort selbst oft von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger sind die Tiere mit ihren Wesenszügen. Dadurch, dass sie nicht im Käfig gezeigt werden, erscheinen sie wie in der freien Natur. In den bürgerlichen Zoos können die einst den Fürsten vorbehaltenen Tiere nun von vielen Menschen bewundert werden.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-0286
- Material / Technik: Öl auf Papier unter Glas
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart